MRZ
2020
Schwimmende Gärten unterwegs auf dem Bodensee
Schwimmende Gärten gab es noch nie auf einer Landesgartenschau. Daher war auch eine Aktion besonders spannend: Der Transport der bereits bepflanzten Inseln auf dem Wasser. Vom Überlinger Osthafen aus, wo die Landschaftsgärtner die Inseln in den vergangenen Wochen bepflanzt haben, wurden sie mit einem Schiff der BSB, flankiert von einem Boot der Freiwilligen Feuerwehr Überlingen über den Bodensee bis zur Steganlage in den Villengärten gezogen und festgemacht.
Die Landesgartenschau Überlingen 2020 GmbH setzt dieses technisch anspruchsvolle Projekt gemeinsam mit dem Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (VGL) Baden-Württemberg im Ausstellungsbereich Villengärten um. Der VGL hatte den international renommierten Künstler und Landschaftsarchitekten Herbert Dreiseitl mit der Konzeption der Schwimmenden Gärten beauftragt. Über einen Steg, der unmittelbar vor der Villa von den Villengärten in den See hineinführt, ist die Anlage begehbar. Sechs Gärten sind direkt an den Steg angedockt, sechs schwimmen frei auf der Wasseroberfläche.
Jeweils eine Doppelinsel gestaltet haben die Betriebe Paul Saum und Van den Elzen Garden Design, je eine einzelne große Insel Gartengestaltung Gropper und Firma Grimm garten gestalten.
Auch bei der technischen Umsetzung dieser einmaligen und temporären Anlage setzt die Landesgartenschau auf einen kompetenten und erfahrenen Partner: Die Firma Technus aus Teterow in Mecklenburg-Vorpommern, die von der Firma Quadrex aus Ammerbuch unterstützt wird. Fünf Lkw hatten am Montag die in Teterow vorgefertigten Elemente gebracht, ebenso das Holz für die Steganlage. Der Stockacher Holzfachhandel August Nothhelfer hatte dazu die sibirische Lärche gesponsert. In Form gebracht wurde das Holz mit dem rutschfesten Laufbelag ebenfalls bei Technus. Bettina Dreiseitl hat die Baustelle vor Ort betreut.
Bereits Ende Januar wurden die Elemente für die Schwimmenden Inseln auf sechs Lkw in den Osthafen geliefert.
Seit Montag wird die schwimmende Steganlage gebaut und alles war Maßarbeit. „Wir sind sehr zufrieden mit dem Ablauf, es hat alles auf den Millimeter genau geklappt, und das ist bei diesem herausfordernden Projekt ja nicht selbstverständlich. So einen Auftrag bekommt man schließlich nicht alle Tage. Und wir hatten großes Glück mit dem Wetter und dem ruhigen Wasser“, so Technus-Chef Jan Wodzicka, der normalerweise Schwimmstege, Watercamper und Hausbootkonstruktionen baut.
540 einzelne Schwimmkörper aus PE stecken in der gesamten Steganlage, verteilt auf 50 zusammengebaut Stegelemente und sechs angedockte sowie sechs freischwimmende Inseln, die wie der Steg von den Pontons getragen werden. Die kleinen, freischwimmenden Gärten werden von der Stadt Überlingen, der Partnerstadt Bad Schandau sowie den nächsten Landesgartenschaustädten, Neuenburg am Rhein (2022) und Wangen im Allgäu (2024) bestückt und der Zeppelinstadt Friedrichshafen.
Die Hauptkonstruktion besteht aus Stahlträgern, die die Pontons und die einzelnen Elemente zusammenhalten. An Land wird die gesamte Anlage an zwei Betonfundamente geflanscht. Jeweils zwei Dalben im Seegrund geben an den beiden Zugängen zusätzlichen Halt. Die üppig ausgestatteten Doppelinseln wiegen bis zu 20 Tonnen. Die Steganlage hat eine Tragkraft von 250 Kilogramm pro Quadratmeter, die Schwimmenden Inseln bis zu 500 Kilogramm pro Quadratmeter. Mit schweren Ankersteinen wird die Anlage an vier Stellen zusätzlich gesichert.
Nachdem am Mittwoch die Steganlage bis auf den Bodenbelag gebaut war, kamen am Donnerstag die Schwimmenden Inseln dazu.
Die Schwimmenden Gärten im Einzelnen
Paul Saum: Die liegende Acht symbolisiert die Unendlichkeit, sie ist aber auch ein Zeichen für Energiefluss und steht für Balance und Harmonie. Der Schwimmende Garten der Firma Paul Saum aus Hohenfels-Liggersdorf setzt das Symbol der Unendlichkeit mit den immerwährenden Rhythmen der Natur gleich und bildet diese seit jeher unendliche Dynamik mit einem modernen, gleichsam avantgardistischen Gartenkonzept ab. Auf dem Holzdeck der Insel berühren sich zwei mystisch anmutende Gartenbereiche aus fließenden Formen und verschmelzen in ihrer gestalterischen Eigenständigkeit zur kraftvollen Einheit der liegenden Acht. Die ausdrucksvolle Pflanzenauswahl mit bizarren Solitärgehölzen und einer fast märchenhaften Unterpflanzung aus Gräsern, Farnen und Moosen wird von einem raffinierten Wasserspiel perfekt begleitet.
Van den Elzen Garden Design: Wasser, Wind, Sonne und Bewegung, das sind die Elemente, welche die Firma Van den Elzen Garden Design aus Überlingen in ihrem schwimmenden Schaugarten gestalterisch auf sehr besondere Weise umsetzt. Grüner Lebensraum im urbanen Umfeld wird immer begrenzter und genau das ist die Herausforderung der Zukunft. Wer glaubt, dass hierdurch viele Wünsche unerfüllt bleiben, täuscht sich. Die verschiedenartige Verwendbarkeit einzelner Elemente lässt alle Träume wahr werden: Der Wassertisch aus heimischer Grauwacke dient nicht nur als Tafel zum Dinieren, sondern gleichzeitig als elegantes Wasserspiel. Die für diese Möblierung direkt im Steinbruch ausgewählten Rohblöcke zeigen zudem die Struktur versteinerter Wellen – eine wunderbare Hommage an den See. Weidenblättrige Gehölze, Stauden, Gräser und Farne schwappen mit ihrem frischen Grün zwischen hellem Muschel-Mulch auf den Sitzplatz über und sorgen für eine gewachsene Verbindung zwischen beiden Inselteilen.
Gartengestaltung Gropper: Das Wasser im unendlichen Kreislauf der Natur ist das wertvollste Element und Nahrungsmittel auf dem Planeten Erde. Es bedarf besonderen Schutzes und Pflege. Im schwimmenden Schaugarten der Gartengestaltung Gropper aus Waldburg symbolisiert die große Stahlkuppel das Universum, das große Ganze, das sich um unseren Planeten formt. In der Mitte dieses Kosmos hängt die Erde, um(spielt) spült von ihrem wichtigsten Element, dem Wasser. Das zwischen beiden Inselteilen gespannte Seil versinnbildlicht weitere wichtige Verknüpfungen, die der Mensch nicht aus den Augen verlieren darf: Familie, Freunde, Glaube und Umwelt. Geht dieses Band verloren, hilft nur der Sprung ins Ungewisse, um zu neuen Perspektiven und zum rettenden Boot auf der zweiten Insel zu gelangen.
Grimm garten gestalten: Die leichte, luftige Staudenpflanzung wirkt weich, filigran und wie natürlich gewachsen, während sie sanft im Wind der Seebrise wogt. Die auserlesene Pflanzenwahl entspringt einem ausgeklügelten Konzept. Durch farblich inszenierte Veränderungen bietet sie über alle Jahreszeiten hinweg dauerhaft blühende Highlights. Mittelpunkt ist ein skulpturales Sitzelement aus Holz in der Form eines Loopings, das ganz bewusst den Ausblick der Besucher lenkt: Die Hauptblickachse führt mitten auf den See und reicht bis zum Horizont. Die klare runde Form bildet einen schönen Kontrast zur Leichtigkeit der Bepflanzung und unterstreicht die Gestalt der schwimmenden Insel, die von einer sanften hügeligen Geländemodellierung geprägt ist.
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